Foto der Woche (62) 03.03.00 |
|
Blitzableiter (während einer Gleisbesetzung bei Dahlenburg am 24.02.01) | |
Auf einer Veranstaltung in der Universität Lüneburg am 28. Februar stellten Polizei und Bundesgrenzschutz ihr Konzept für eine einsatzbegleitende Öffentlichkeitsarbeit und Konfliktmanagement einer anwesenden Öffentlichkeit von Atomkraftgegnern und Vertretern aus der Politik vor. Dabei kam es zu heftiger Kritik an dem Konzept, da die 130 Beamten, welche als Konfliktmanager eingesetzt werden sollen, natürlich weisungsgebunden agieren. Gute Mediation bedinge unabhängige Mediatoren, so Wolfgang Ehmke von der BI Lüchow-Dannenberg in der Podiumsdiskussion. Kommunikation werde es zwar geben, aber keine Zusammenarbeit in dem Sinne, dass die BI sich als Ordnungskraft instrumentalisieren lasse. Bereits auf der Castor-Demo in Dahlenburg am 24.02. waren erstmalig Konfliktmanager im Einsatz gewesen. Deren Rolle beschränkte sich auf die eines Blitzableiters, wie oben auf dem Foto zu sehen ist. Der aufgebrachte Pastor Maierhofer beschwerte sich über das Verhalten der Polizei, welche DemonstrantInnen dazu aufforderte, das Gleis zu verlassen und sie gleichzeitig am Verlassen hinderte. Der Coaching-Beamte hatte keinerlei Kompetenz zur Intervention, d.h. zur moderierenden Einflußnahme auf das Verhalten der zu diesem Zeitpunkt deutlich überforderten Zugführer. Hier ist die Polizeiführung auf jeden Fall gefragt, für Abhilfe zu sorgen, sollen die Konfliktmanager während des Castor-Transportes mit seinem hohen Konfliktpotential nicht in einer Rolle als ansprechbare Buhmänner, welche Polizei repräsentieren, verschlissen werden, weil sich an ihnen die Wut abläßt. Im weiteren Verlauf der Diskussion wurde kritisiert, dass die Polizei zwar vorgibt, aus ihrem Fehlverhalten bei dem Castor-Transport 1997 gelernt zu haben, aber die Frage nicht beantwortet, wie sie sich verhalten wird, wenn friedliche Sitzblockierer den zukünftigen Transport zum Stehen bringen. Man werde Möglichkeiten schaffen, dass keiner sich ein zweites Mal hinsetzt, so die Auskunft des Polizeidirektors Reime, womit wohl eine Zwangsverwahrung gemeint ist. Ob die Polizei die Angemessenheit der Zwangsmittel wahren wird, und die hätte sich bei friedlichen Blockaden auf Wegtragen und Wegdrängen zu beschränken, blieb unbeantwortet im Raume stehen. So darf denn weiter spekuliert werden, ob es zum Schlagstockeinsatz kommen wird, wenn der Transport anders nicht durchzubringen ist, wie es 1997 bei der Blockade von X1000mal-Quer bei Dannenberg geschah, als eine berliner Prügeltruppe, die übrigens auch diesmal wieder zum Einsatz kommen soll, es ihren Kollegen aus den anderen Bundesländern zeigte, wie schnell man mit den Mitteln von brutaler Gewalt eine blockierte Straße räumen kann. Anderenfalls müßte der Einsatzleiter die Durchsetzung des Transportes abbrechen und sich, seinem Gewissen folgend, auch einer gegenteiligen Weisung seines Innenministers widersetzen, damit nicht wieder solche schrecklichen Szenen wie 1997 als Bilder rund um den Globus gehen. Antworten auf diese Fragen gab es jedenfalls nicht. Last but not least wurde auf dieser Veranstaltung auch der Chefredakteur Steiner von der Landeszeitung Lüneburg, welcher die Podiumsdiskussion moderierte, von den AtomkraftgegnerInnen sehr heftig wegen der tendenziösen Berichterstattung seiner Zeitung kritisiert. Auf besondere Empörung stieß sein an diesem Abend gebrauchter Begriff der "Berufs-Chaoten", den zu definieren er sich trotz mehrfacher Aufforderung weigerte. Überschattet waren die gegenseitigen Bemühungen um vertrauensbildende Maßnahmen von dem Bekanntwerden der Tatsache, dass Mitglieder der BI Lüchow- Dannenberg 1997 systematisch vom Verfassungschutz abgehört wurden, und zwar ohne jede Rechtsgrundlage, wie die Betroffenen meinen. Auch wenn das niedersächsische Innenministerium die Vorwürfe zurückweist und betont, die Polizei habe nach Recht und Gesetz gehandelt, so darf dies bezweifelt werden, hat doch erst unlängst das Bundesverfassungsgericht einen exzessiven Gebrauch der polizeilichen Überwachung ohne richterliche Genehmigung gerügt. Es muß daher auch als skandalös eingeschätzt werden, dass es bisher keinerlei statistische Veröffentlichungen über durchgeführte Abhörmaßnahmen gibt. Natürlich ist dieses Schweigen der Innenminister verständlich, würden doch Veröffentlichungen wahrscheinlich ein ungezügeltes Sammelbegehren nach BürgerInnendaten offenbaren, welches im übrigen zu dem begehrlichen Bestreben paßt, öffentliche Räume mehr und mehr der Videoüberwachung preiszugeben. Daher darf man, wenn man die Überwachungs- und Datensammelwut der Wirtschaft und die lächerlichen Entblößungen der Persönlichkeit im privaten Fernsehen (Big Brother) hinzunimmt, von einer erschreckenden Tendenz zur Pornografisierung der Gesellschaft sprechen in dem Sinne, dass die grundgesetzlich hochgeschützte Privatheit des Einzelnen zunehmend der Öffentlichkeit preisgegeben wird. Weitere Informationen zum Konfliktmanagement (Polizei und BGS) |