Auf Veranlassung der Staatsanwaltschaft Lüneburg durchsuchten am 11. August 2005
etwa 30 Polizisten die Redaktionsräume der Zeitschrift "anti atom aktuell" im
wendländischen Tollendorf und beschlagnahmten Computer, CD-ROMs, Disketten und
Schriftstücke.
Als Grund für diese Durchsuchung gibt die Staatsanwaltschaft an, dass einer der
Bewohner des Hauses, der auch Redakteur der aaa ist, über eine Internetseite des
sogenannten "Prekär-Camps" zu strafbaren Handlungen aufgerufen habe.
Unabhängig von den Vorwürfen bezüglich des Prekär-Camps stellen wir fest:
Die Zeitschrift "anti atom aktuell" steht in keinerlei Beziehung zu besagter
Internetseite.
Daher verletzt die Durchsuchung der Redaktionsräume und die Beschlagnahme von
Datenträgern das Grundrecht auf Pressefreiheit.
Als Journalisten und Fotografen haben wir der aaa Beiträge geliefert. Somit sind
auch wir von der Beschlagnahmeaktion betroffen. Die Staatsanwaltschaft hat sich
ohne rechtliche Grundlage geschützte Daten angeeignet. Der Informantenschutz und
das Zeugnisverweigerungsrecht schützen journalistische Arbeit. Dies aber wird in
eklatanter Weise untergraben. Der Schutz des Vertrauensverhältnisses zwischen
Medien und Informanten wird durch die Durchsuchungsaktion in den
Redaktionsräumen der aaa empfindlich gestört.
Wird die Informationsbeschaffung behindert, ist die Pressefreiheit, und damit
unsere Aufgabe der öffentlichen Kontrolle und auch der Kritik, massiv
eingeschränkt.
Insbesondere in der Rolle als PressefotografInnen sind wir ebenfalls auf dieses
Vertrauensverhältnis angewiesen. Die fotografierten Personen müssen sich darauf
verlassen können, dass mit den Fotografien kein Missbrauch betrieben wird.
Gelangen diese auf widerrechtliche Weise in den Zugriff von Ermittlern, so
drängt sich der Verdacht einer missbräuchlichen und widerrechtlichen Nutzung
geradezu auf. Trotz klaren rechtlichen Schutzes können wir praktisch aber keine
Informationssicherheit mehr garantieren.
Die seit Jahren existierende Zeitschrift "anti atom aktuell" ist als Sprachorgan
der Anti-Atom-Bewegung bundesweit bekannt. Bei der Akribie, mit der Polizei- und
Verfassungsschutzorgane diese Bewegung bis ins Detail observieren, erscheint es
uns unglaubwürdig, wenn der Sprecher der Staatsanwaltschaft Lüneburg behauptet,
das Vorhandensein von Redaktionsräumen der aaa in Tollendorf sei der
Staatsanwaltschaft nicht bekannt gewesen.
Wir fordern von der Staatsanwaltschaft die sofortige Herausgabe unserer
Datenträger und eine öffentliche Entschuldigung für deren widerrechtliche
Beschlagnahme. Ferner fordern wir eine schriftliche Versicherung darüber, dass
dieses Material in keinerlei Weise von der Polizei oder sonstigen staatlichen
Behörden ausgewertet oder gar gespeichert wurde.
Gisela und Joachim Petersen, Pressefoto subkontur, Lüneburg
Timo Vogt, randbild-pressefoto, Lüchow-Dannenberg
Ingrid und Werner Lowin, Lüchow-Dannenberg
Bundesverband Arbeiterfotografie, Köln
Hinrich Schultze, Hini-Foto, Hamburg
Günter Zint, Pan-Foto, Hamburg
Markus Golletz, Hannover
Weitere Informationen:
Pressemitteilung des Republikanischen Anwältinnen- und Anwältevereins vom 22.08.05
"Anti-AKW-Szene im Visier" (taz vom 20./21.August 05)
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